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Magie des Apfels / Von Wilhelm Helmer 
M it dem Apfel, der si^fli itt seiner rundlichen l < 
Form und mit ??einen r??tlichen Wangen so lok-??? 
kend vorstellt, ??oll das Ungl??ck in die Welt ge- TMler unaufh??rlichen Verj??ngung, der ewigen Wie?? 
dergeburt gedeutet. Der Apfel, den auf den Ma 
Ungl??ck in die W elt ge?? 
kommen sein. Und als ein Mittel der Versuchung 
ist er f??r die meisten V??lker zu einer stehenden 
Redensart geworden. Aber ob die Frucht, die 
die b??se Schlange im Paradies anpries und von 
der die l??sterne Eva und der arme verf??hrte 
Adam kosteten, tats??chlich ein Apfel war? Die 
Frucht selbst ist in den Schriften ??ber den S??n?? 
denfall der ersten Menschen nicht beschrieben 
und erst durch die mittelalterlichen Maler, die 
den ???Baum der Erkenntnis" m it ??pfeln ausstaf- 
fierten und der Eva einen Apfel in die Hand 
gaben, hat der Apfel die ber??chtigte schicksal 
hafte Rolle ??bernehmen m??ssen. 
Auffallend hatte bei dem Kulturvolk der Grie?? 
chen diese k??stlich e F ruoht ebenfalls einen 
schlechten Leumund. Aber auch der Zankapfel 
der G??ttin der Zwietracht Eris, der durch das 
Urteil de?? Pari?? dem Streit unter den drei G??t?? 
tinnen und damit auch den Trojanischen Krieg 
entfesselte, ist vielleicht kein echter Apfel, son ?? 
dern ein Granatapfel oder eine Apfelsine ge?? 
wesen. 
Wo es sich in den alten Mythen und Sagen 
eindeutig um einen Apfel handelt, da erscheint 
??? r als ein Symbol der Liebe und der Treue 
Aphrodite selbst hatte i(hm diese Deutung gege?? 
ben, als der Priester Malus, bek??mmert ??ber 
den Tod des sch??nen Adonis, des Lieblings der 
cyprlschen G??ttin, 6ich an den Zweigen eines 
Apfelbaume?? erh??ngte. Die lateinische Bezeich?? 
nung Malus f??r den Apfelbaum und dessen 
Frucht stammt von dem Namen dieses Priesters 
her. Uralte Texte der Babylonier erz??hlen, da?? 
der Genu?? von ??pfeln Liebe erregte, und alte 
deutsche Spr??che und Lieder berichten von der 
geheim nisvollen Liebeskraft des Apfels. Das 
Liebespaar, das ihn gemeinsam i??t, kann sich 
nicht mehr trennen. Tr??gt man den Apfel eine 
Zeitlang unterm Kleid auf dem blo??en Leib, so 
erlangt er die Zwingkraft eines Liebestrankes 
und fesselt den Menschen unl??sbar an den, der 
ihn an seinem Leib gehabt hat. W er Liebe sucht, 
braucht nur den Namen des Geliebten in die 
Haut de?? Apfels zu ritzen und dann die Frucht 
XU vergraben. Auch da6 Schnellen mit Apfel?? 
kernen geh??rt zu den Neckereien, hinter denen 
sich die Absicht magischer Liebeszw??nge ver?? 
birgt Wer in der Andreasnacht einen Apfel i??t, 
tr??umt von seinem k??nftigen Gatten. Lange be?? 
vor die Linde zum Baum aller Liebenden ge?? 
macht wurde, war es der Apfelbaum, unter dem 
man sich mit Vorliebe verlobte 
So Ist der Apfel, der gleich dem Korn und der 
Weintraube ein uraltes Kulturgew??chs ist, zu 
einem Ursymbol geworden. AI?? Sinnbild der 
Liebe und der Jugend ist er auch Symbol der 
Fruchtbarkeit. Im griechischen Sagenkreis 
schm??cken ??pfel die sch??ne Demeter, die G??ttin 
des Erdensegens. Gab es in einem Jahr viele 
??pfel, dann sollen nach altem deutschem V olks?? 
glauben im n??chsten Jah r viele Buben geboren 
werden. Ein Apfel mit vielen Kernen sagt viele 
Kinder in der Ehe voraus. 
Durch die Sage von Adonis und der Liebes?? 
g??ttin wurde der Apfel auch das Sinnbild der 
ewigen Jugend. Als solches preist ihn auch die 
nordgermenische Mythologie, die ihn zum Attri?? 
but der G??ttin Iduna, der Personifikation der 
bl??henden Lebensf??lle macht. Idun a??? ist die H ???? 
terin der ??pfel, von denen die alternden G??tter 
g 
enie??en, um sich in jugendlicher Sch??nheit und 
raft bis zur G??tterd??mmerung zu erhalten. 
Im Apfel versinnbildlicht sich das ganze 
menschliche Leben. Ja, nicht nur das Leben, son?? 
dern auch die Lebensverschuldung, der Tod und 
die Lebenserl??sung. Die in germanischen L??n?? 
dern mehrfach wiederkehrende Sage vom Apfel- 
sdhu?? Teils (nordisch Toko) und das M??rchen 
vom Schneewittchen werden als der Gedanke 
donnenbildern die Mutter oder da6 Kind in der 
Hand h??lt, versinnbildlicht das ewige Leben und 
der Reichsapfel in der Hand der deutschen Kai?? 
ser das ewige Reich Gottes a uf Erden. 
Die uralten Symbole offenbaren auch das hohe 
Alter dieses Kulturgew??chses. Es ist anzuneh?? 
men, da?? der Apfel die erste Frucht war, die 
der Mensch bewu??t z??chtete, und ged??rrt mag 
ein Apfel in Mitteleuropa bereits vor 5000 Jah?? 
ren den Nachtisch zum Auerochsenbraten ge?? 
bildet haben. Vor einigen Jahren wurde in dem 
Heilbronner Vorort B??ckingen ln W??rttemberg, 
da?? heute noch mit Baden und. Elsa?? zu den 
reichsten Obstgegenden Gro??deutschlands z??hlt, 
aus einer jungsteinzeitlichen Siedlungsschicht 
der Kultur der Bandkeramik ein kleiner verkohl?? 
ter Apfel von nur vierzehn Milimeter Durchmes?? 
ser entdeckt Man stellte diesen ??ltesten bis 
jetzt bekannt gewordenen Apfel als einen Para?? 
diesapfel einheimischer H erkunft fest, aus des?? 
sen Kreuzung m it dem einheimischen Wildapfel 
gegen das Ende der Jungsteinzeit in S??ddeutsch?? 
land der Kulturapfel herangez??chtet wurde. 
Die Frucht ist sdhon lange im mittleren eurasi- 
sohen Raum beheimatet. Schon im dritten Jahr?? 
tausend vor der Zeitwende gab es in Babylo?? 
nien Apfelb??ume und auch den alten ??gyptern 
war diese Frucht nicht unbekannt. In der sp???? 
ten r??mischen Kaiserzeit sprach man bereits von 
29 Apfelsorten, von denen die meisten wohl aus 
dem vorderen Orient kamen, im 16. Jahrhundert 
wurden gegen vierzig Sorten beschrieben, um 
1700 herum h??rt man von 150 und heute kennt 
man etwa 1500 Kultursorten. Der deutsche Name 
Apfel soll auf die italienische Stadt Abella in 
Campanien zur??ckzuf??hren sein, wo, wie in ganz 
Italien, viele Apfelb??ume angepflanzt, wurden. 
W ie kaum eine andere Frucht dient der Apfel 
dem Menschen. W ir genie??en den Apfel als 
Frischobst, als M armelade, als Tee, als Saft, u n d 
wir verarbeiten das Holz des Baumes. Der Apfel 
ist nicht nur Genu??- und Nahrungsmittel, er ist 
auch Medizin. Schon die alten ??gypter kurier?? 
ten mit Apfeltee, und in einer Schrift von 1558 
w ird der Apfel als ???ein wahr Panazee, ein g??tt?? 
lich Allheilmittel wider der Menschen Notdurft 
und Kranckheydt" gepriesen. 
,,Tut wohl dem 
Auge, den S??fften wie auch der Brust." 
Namen von St??dten und D??rfern zeugen von 
der Beliebtheit und der Verbreitung des Apfels. 
Besonders in den Gegenden, in denen er viel 
kultiviert wird, finden wir Namen in Verbindung 
m it Apfel, so Apfelbach, Apfeldorf, Apfelstedt, 
Apfelstetten usw. Auch Apolda geht auf Apfel 
zur??ck. Selbst im Sprichwort erscheint diese 
volkst??mlichste aller Fr??chte. W ir sprechen von 
dem Apfel, der nicht weit vom Stamme f??llt, 
und von dem sauren Apfel, in den wir manch?? 
mal bei??en m??ssen. Gewisse Dinge und Begriffe 
werden mit dem W ort n??her gekennzeichnet, 
z. B. Augapfel; der Adamsapfel soll mahnend an 
die Schuld Adams erinnern, dem beim Kosten 
der verbotenen Frucht ein Schnitz im Hals stek- 
kengeblieben sein ??oll, und das W ort ???ver??p?? 
peln" bedeutet so viel wie nach jfmand mit fau?? 
len ??pfeln werfen. In der Form ??hnliche 
Fr??chte werden mit dem W ort Apfel ausgezeich?? 
net. Apfelsine (urspr??nglich nach dem Land ihrer 
Herkunft Chinaapfel). Ferner kennen wir den 
Stechapfel, den Gallapfel und den ??? Ro??apfel. 
An all diese mehr oder weniger tiefsinnigen 
Dinge denken wir nicht, wenn wir in einem saf?? 
tigen, w??rzigen Gravensteiner hineinhauen, da?? 
es kracht. Symbolik hin, Magie her, mit Erinne?? 
rungen an einst, wo wir mit Wonne in den ge?? 
stibitzten s????en Apfel bissen und anschlie??end 
in den saueren bei??en mu??ten, und mit vielen 
anderen sch??nen Erlebnissen bei herbstlichen 
Wanderungen und bei trauten glitzernden We&- 
achtsfesten symbolisiert der Apfel doch w under?? 
voll ein St??ck seliger Jugendzeit und ist un?? 
trennbar m it Elternhaus und Heimat verbunden. 
Der Vogel und die Blumen Von Kurt Schnell 
Ein kleiner Vogel hatte das Ungl??ck, ein ver- 
kr??peltes Bein zu haben. Dies und die dadurch 
entstandene Sch??chternheit trugen Schuld daran, 
da?? er k ein W eibch en fand. Einsam verbrachte 
der Kleine seine Tage in einem Blumengarten 
und oft kam die Sehnsucht nach Liebe so ??ber?? 
m??chtig ??ber ihn, da?? er es kaum mehr ertragen 
konnte. W ie schon so manchesmal klagte er 
eines Tages sein Leid in klein en Liedern, als 
ihn pl??tzlich ein begl??ckender Duft umh??llte. 
So sch??n war dies f??r den Vogel, da?? er zu 
siingen verga?? und fr??hlich Wurde, w ie er es 
noch niemals gewesen war. Die. gelbe Rose, die 
im Gl??ck des Erbl??hens zu dem Vogel l??chelte, 
hatte ihm den Duft gesandt. 
Dem wurde es so seltsam um das Herz, da?? 
er verga??, da?? die Ro??e eine Blume und er 
ein Vogel war. Er flog zu ihrem St??mmchen 
und sang der versp??tet aufgebl??hten, so sch??n 
er es nur konnte. Er liebte die Blume und alle 
Z??rtlichkeit, die er Seinesgleichen nicht schen?? 
ken konnte, verstr??mte nun in seinen Liedern. 
Die Rose dankte es ihm mit ihrem zartesten Duft 
und bl??hte allein f??r ihn. Und lange bl??hte die 
Blume, es war, als g??be ihr die Liebe des Vo?? 
gels Kraft zum Leben. Dann kam aber doch der 
i'rost und die Bl??te starb so schnell, da?? sie 
kaum mehr die Zeit fand, Ihrem Freund einen 
letzten zarten Dufthauch zu senden. 
Die gro??e und so schwerf??llige Sonnenblume 
hatte mit Freude und doch auch ein w enig Neid 
das Gl??ck der Beiden gesehen. Aber sie war 
gutm??tig, so gutm??tig wie alles ist, was Nah?? 
rung spendet, und es wurde ihr unertr??glich, 
den Vogel klagend neben der abgebl??hten Rose 
sitzen zu sehen. Nein, der Arme wurde immer 
magerer, das konnte nicht so weiter gehen. Be?? 
hutsam lie?? sie einen reifen Kern fallen und tat 
das so geschickt, da?? der genau den Schwanz 
des Trauernden traf. 
Erschrocken drehte der sich, u n d als er den 
glitzernden Kern am Boden ersp??hte, f??hlte selt?? 
sam, da?? auch Liebende solche Gef??hle haben, 
wie hungrig er war. Er verspeiste den Kern mit 
Genu?? und flog dann zur Sonnenblume, um ihr 
f??r die Mahlzeit zu danken. Die Ungelenke 
freute si??h dar??ber so, da?? sie schnell einen 
weiteren Kern f??r den h??flichen Vogel reifen 
lie??. 
So erwarb sie sich bald das Vertrauen des 
Kleinen, und der kam jetzt oft zu ihr, um zu 
erz??hlen, was ihn so bedr??ckte. Dann kam ein 
grimmiger Winter, und nur der Sonnenblume 
verdankte es der Vogel, da?? er ihn ??berstellen 
konnte. Der Sonnenblume gen??gte die vielleicht 
sachliche Liebe ihres Gastes zum Gl??ck. Sie 
war fr??hlich und widerstand mit ihrem ver?? 
trockneten Stil den St??rmen und der Schneelast 
des Winters. Als es Fr??hjahr wurde und sie 
f??hlte, da?? die M??digkeit sie bald zerbrechen 
w??rde, vertraute sie den letzten ihr verbliebenen 
Kern der Erde an, damit aus ihm eine neue Son?? 
nenblume w??rde und ihr Freund im kommenden 
Winter keine Not zu leiden habe. 
Der kleine Vogel lernte.es dann noch sich 
seine?? Lebens sehr zu freuen. Im Sp??tsommer er?? 
bl??hte Ihm eine neue Rose, und die Tochter der 
Sonnenblume tr??stete ihn ??ber den Winter.